EIN DETAILLIERTER UND PRÄZISER BERICHT ÜBER EINE ERFAHRUNG MIT AYAHUASCA IN EINEM PSYCHOTHERAPEUTISCHEN UMFELD

Ich war vom 19. bis 21. Februar auf dem Retreat in Turin  und möchte von meiner ersten Erfahrung diesbezüglich berichten. Zuerst einmal muss ich  sagen, dass ich mich von Ayahuasca “gerufen” fühlte. Ich weiß zwar nicht “wie”, oder vielleicht weiß ich es auch, aber möchte es nicht beschreiben, da die wahrhaft authentischen und wirklichsten Dinge, von denen wir uns innerlich gerufen fühlen, sich nicht mit Worten beschreiben lassen. Ich kann lediglich bestätigen, dass nichts im Leben zufällig passiert und alles einen Sinn ergibt.

Meine Erfahrung: Ich komme mit dem Zug an einem Bahnhof an, gemäß der Anweisungen, die ich am Tag zuvor erhalten habe. Ich werde von jemandem abgeholt und zum Ort des Retreats gebracht. Nach erstem Kontakt und der Registrierung beginnen die Vorbereitungen. Die Leiter sind sehr junge Leute, aber gut vorbereitet. Sie bringen uns zu einem großen Raum und bitten uns, auf den Matratzen Platz zu nehmen ( wir waren ungefähr 20 Teilnehmer). Danach erklären sie uns, worin die Erfahrung bestehen kann. Ich sage “kann”, denn es handelt sich, wie sie uns erklärten und wie ich später selbst herausfand, um eine Annäherung an das, was sich für jeden einzelnen von uns unterschiedlich auswirkt. Jeder von uns geht seinen eigenen Weg und das Ayahuasca verhält sich gemäß dem, was jeder von uns benötigt. Infolgedessen sind die Auswirkungen vollkommen subjektiv. Für manche, wie unter anderem mir selbst sind sie mehr, für andere möglicherweise weniger angenehm, jedoch niemals bedeutungslos. Wir werden gefragt, mit welcher Absicht wir gekommen sind und was wir von der Erfahrung erwarten. Jeder erzählt einfach und mit wenigen Worten, was er sich davon verspricht.

Kerzen werden angezündet und das Licht wird ausgeschaltet. Die Einnahme steht jetzt bevor und die Atmosphäre verdichtet sich. Ich bin jetzt dran und ich trinke einen Schluck. Es schmeckt nicht so unangenehm wie ich dachte ( das ist auch etwas Subjektives). Ich lehne den Schluck Wasser ab, den sie mir anbieten. Fast alle anderen hingegen nehmen ihn an. Ich lasse alle Angst gehen und schmeiße mich in Erwartung auf die Wirkung auf die Matratze. Nach ungefähr 15 oder maximal 20 Minuten beginnt die Musik. Ich gebe mich den Tönen hin und nach einiger Zeit beginne ich in meinem Körper Vibrationen zu spüren, ein leichtes, kaum wahrnehmbares Zittern. Ich habe keine Angst. Ich habe Vertrauen. Deswegen bin ich hier. Nach kurzer Zeit habe ich plötzlich die erste Vision. Es ist wie ein Blitz. In einem freien Himmel fliegt ein Adler mit einem weißen Kopf und einem gelben Schnabel. Er fliegt und dann lässt er sich hackend auf mir nieder. Ich bleibe gelassen und die Vision löst sich auf, als der Vogel sich auf mein Gesicht stürzt und in tausend Stücke zerplatzt. Beinahe sofort folgt die nächste Vision: dunkle Berge unter dem Licht des Sonnenuntergangs. Das dauert nur einige Sekunden. Daraufhin kommt Sie, begleitet von freudvollen Schwingungen. Eine weibliche Anaconda. “Ich habe dich erwartet” sagt sie. Ich antworte ihr: “Ich habe mein ganzes Leben lang auf dich gewartet”. Sie lacht und sagt:” Du wartest schon viel länger.” Ich bin jetzt vollkommen durchtränkt von der Musik und von IHR, die ein wirklich und wahrhaftiger Geist ist und nicht etwa eine durch die Umstände herbeigeführte Erscheinung. Um mich herum übergeben sich die Leute in Plastiktüten, die uns anfangs ausgegeben wurden. Es ist eine natürliche und beabsichtigte Art und Weise, sich von energetischen Blockaden freizumachen. Ein Mittel zur Reinigung, das ich jedoch überhöre.

Das Ayahuasca fängt an, mit mir zu spielen. Es streichelt mich und verstrickt mich in seine grünen, süßen und erfrischenden Spiralen. Ich lache und spreche mit ihm und wir lieben uns. Nicht sexuell, ich spreche von reiner Liebe, von einer lustvollen Verschmelzung. Sie ist sehr verspielt. Ich komme aus dem Lachen nicht mehr heraus. Ab und zu nehme ich den Typ an meiner Seite wahr, der da flach liegt. Ich glaube, ihm geht es nicht so gut. Er schnaubt und bebt, womöglich denkt er an die notwendigen Mitteilungen, die er per whatsapp noch unmittelbar vor der Zeremonie machen wollte. Oder vielleicht auch was anderes, aber es ist mir egal. In jedem Fall befindet er sich in den Händen von fähigen und aufmerksamen Leitern, die auf jede Möglichkeit und Erfordernis der Teilnehmer vorbereitet sind. Indessen spiele ich mit “meiner” Göttlichen Schlange weiter. Ich spreche mit ihr, als wäre sie Zeit meines Lebens meine Freundin. Sie lacht mit mir. Nach einiger Zeit, wobei ich nicht sagen kann wie lange, hülle ich mich in die Decke wie in einen Umhang und bewege mich in Richtung des Leiters, der in der Nähe der Tür sitzt. Ich sage ihm, dass ich rausgehen möchte und dass er unbesorgt sein kann, ich habe die Situation unter Kontrolle. Er grinst mich an und erkennt, dass dem so ist und lässt mich gehen.

Ich gehe an die frische Luft, im Hof ist der Himmel voll von Sternen und der Mond fast voll. Die Konstellation von Orion erscheint wie ein Schmetterling, der sich im Himmel befreit. Mir ist nicht kalt. Ich gucke in den Himmel und die Sterne, die ihn erhellen. Ich danke Gott, hier zu sein, in diesem Moment voll echter und herzlicher Präsenz. Ich bin glücklich und berührt von soviel Gnade.

Ich gehe wieder rein. Der Raum ist durchtränkt von der Musik und einem wunderschönen Duft (später finde ich heraus, dass es sich dabei um “palo santo” handelt, ein aromatisches Holz). Ich bleibe mit geschlossenen Augen vor der Bank (dem Altar) stehen, hinter dem der Leiter singt und Gitarre spielt. Er ist großartig, ein wahrer Künstler. Dann öffne ich die Augen und schaue auf die Kerzen. Mit einer Geste fragt mich der Leiter, ob ich noch Ayahuasca nehmen möchte. Mensch, selbstverständlich! Ich trete näher und es kann sein, dass ich ein komisches Gesicht mache, denn der Leiter lächelt mich erheitert an bei seinem Angebot. Auf spanisch sagt er :” Mit Vergnügen.” Ich lege die Hand auf mein Herz und antworte:

”Das Vergnügen liegt ganz bei mir.” Er bietet mir den Trank an. Es ist dieses Mal nicht mehr als ein Schnapsglas. Ich trinke es auf einen Schluck leer und kehre zurück, um mich flachzulegen. Ein paar andere, jedoch nicht alle machen es mir gleich. Nach kurzer Zeit fühle ich, wie mein Körper sehr stark zu vibrieren beginnt. Es ist kein körperliches Vibrieren, es kommt von innen. Es ist reine Energie. Eine Lawine von psychedelischen Farben, lebhaft und unbeschreiblich, stürmt mir entgegen. Jedes Wort, jeder Gedanke wandelt sich zu Tausenden von Farben, selbst die Musik wird zur Farbe. Ich bitte die Anaconda um Heilung und darum, mir etwas zu zeigen. Sie sagt mir, ich sei nicht krank. Sie erklärt mir die Bedeutung von Toleranz und Weisheit der Worte und Gesten. Später sagt sie mir, die Farben seien ihr persönliches Geschenk an mich und sie lädt mich dazu ein diese Erfahrung zu genießen. Ohne Ansprüche und ohne irgendetwas weiteres anzustreben.

Als die Erfahrung zum Ende kommt (sie hat lange gedauert), schnarcht schon jemand. Ich bin überhaupt nicht müde. Die Musik ist jetzt sanfter und schließlich geht sie aus.

Draußen beginnt die Morgendämmerung…

Am nächsten Morgen sind wir (fast alle) euphorisch und es existiert ein starkes Gefühl von Freundschaft. Wir vergleichen unsere Erfahrungen. Für jeden von uns war es eine andere Reise. Die einen bleiben, andere gehen. Nach dem Frühstück versammeln wir uns gegen 10 Uhr. Jeder beschreibt in Kurzform seine Erfahrung. Die Leiter versuchen eventuelle Kritikpunkte oder Schlüsselereignisse von uns aufzuspüren und zu lösen. Sie sehen sich nicht als Meister von irgendetwas und sie stellen sich als erste zur Verfügung, sich dem Spiel zu überlassen. Schöne und herzliche Leute, ohne Ego, welches ihre Energie vergiftet. Sie sind frei von jeglichem Urteilen und bereit, demjenigen mit Herz und Seele zu helfen, der es braucht.

Zweite Nacht.

Wer möchte kann zur Einnahme kommen, aber das bleibt uns überlassen. Es gibt auch ein paar neue Leute. Das “Ritual “ der letzten Nacht wird wiederholt, jedoch mit anderen Modalitäten. Dieses Mal sind wir mehr auf der Gruppenebene miteinander verflochten und damit sind fast alle einverstanden.

Sie zeigt sich mir wieder, diesmal zuerst mit abstrakten Visionen, Schwarz-Weiß-Bildern, farbig und leuchtend ( ich entschuldige mich für diesen offensichtlichen Widerspruch, aber ich kann es nicht anders beschreiben). Ich halte mich nicht allzu sehr an diesen Visionen fest. Ich genieße sie und das wars, denn ich weiß, das ist nur das Vorspiel IHRES Erscheinens. Beinahe sofort treffe ich auf SIE vor mir und vor meinen geschlossenen Augen, angekündigt durch die Vibrationen meines Körpers. Ich begrüße Mamacita ( so nenne ich sie, als ich mich auf sie zu bewege). Ich sage ihr, dass ich sie sehr liebe und werde wieder zum Kind. Zum Kind meines Wesens. Ich spreche mit ihr und wir spielen, lachen und sind albern. Es ist ein Fez, eine Party….wir verwickeln uns, verschmelzen miteinander und liebkosen uns…

Nach der zweiten Einnahme bitte ich sie, mir zu zeigen, was ich brauche, jedoch auf energetischer Ebene und nicht durch Worte oder Gedankenübertragungen. Sie bringt mich in höhere und unbekannte Dimensionen und zeigt mir den Gott, der in mir wohnt. Sie flößt mir loderndes Licht ein und ich verschmelze mit dem Universum. Ich werde zu reiner Energie, dem Teil der Göttlichkeit, die allem innewohnt. Die untrennbare Göttlichkeit in allen von uns, die wir alle leuchtende Wesen sind. Die Wahrheit ist einfach und ohne Worte. Die Liebe, das Verzeihen und das Mitgefühl sind sehr machtvolle Waffen….um mit uns selbst klarzukommen, mit unserem launenhaften Geist und unseren alltäglichen Kleinlichkeiten

Am nächsten Morgen sind wir überschwänglich und fröhlich. Es besteht ein starkes Gefühl von Brüderlichkeit, ob wir nun Teilnehmer oder Leitende sind spielt gar keine Rolle. Wir sind alle Kinder Gottes und gleichzeitig selbst Götter. Dies ist eine solch elementare Wahrheit, die es zu verstehen gilt. Wenn man sich zu sehr den nutzlosen Umständlichkeiten der vergeblichen Leere des Alltags hingibt, dann ist es ziemlich unmöglich, dies zu verstehen.

Es gäbe noch viel mehr zu sagen, aber es würde zu lang werden und wäre durch die Limitierung von Worten begrenzt. Vielleicht müsste ich auch ein ganzes Buch verfassen, um die Schönheit und Tiefe, die durch dieses Retreat freigesetzt wurden annähernd zu beschreiben. Müsste man es in wenigen Worten zusammenfassen, würde ich es als “mystische Erhebung” bezeichnen. Zumindest für mich.

Womöglich könnte jemand meinen, dies sei eine Erfahrung, die ganz und gar durch das Einführen einer “Droge” entstanden ist.( Ayahuasca ist keineswegs eine “Droge”, sondern etwas Heiliges: das Wort stammt aus der Sprache des Quechua und da es in dieser Sprache “Liane der Seele” bedeutet, hat das sicher seinen Grund). Wenn jedoch Ayahuasca eine Droge wäre, wie würde das dann den Umstand erklären, dass bei meiner Rückkehr zur Arbeitsstelle die Angestellte des Büros zu mir sagte: “Aber was ist denn mit Ihnen passiert? Sie leuchten ja!” Und sie sah mich nur hereinkommen.

Zusammengefasst war es für mich die schönste und intensivste Erfahrung meines Lebens. Und ich werde es ganz bestimmt wiederholen und diesem Weg weiterhin folgen, das weiß ich sicher. Für andere war das nicht so, aber die Medizin ist weise und gibt jedem von uns genau das, was man wirklich braucht, auch wenn wir es vielleicht nicht wissen. Oder wir geben vor, es nicht zu wissen, was aufs gleiche rauskommt.

Möchten diejenigen, die sich mit dieser Erfahrung vertraut machen wollen einen Rat? Habt keine Vorurteile und auch keine Angst. Habt Vertrauen in euch selbst und stellt euch der Sache mit einem freien und hingebungsvollen Geist. Glaubt mir, nur so geht es, denn ihr werdet demjenigen begegnen, der ihr in Wirklichkeit seid, schlecht oder gut, und jegliche Täuschung wird vor dem Spiegel der Seele wie Schnee in der Sonne dahinschmelzen. Ihr seid göttlich und wenn ihr das versteht, dann befindet ihr euch auf dem Weg der Heilung. Nehmt das Geschenk an, das ihr von IHR erhaltet. Auch wenn es keine göttliche Ekstase ist ( denn das ist es nicht für jeden), dann wird es auf jeden Fall die Heilung sein, die du brauchst. Aber passt auf, es ist weder ein Spaziergang noch eine Pferdeausritt. Um sich der Sache zu stellen muss man bereit sein, sich auf das Spiel einzulassen und  dabei nass zu werden. Vorurteile, Ängste und Schuldgefühle sind Gift für die Seele. Und eine vergiftete Seele wird niemals ihr Licht zum Vorschein bringen.

Noch ein kleiner Tipp. Wenn du dich nicht bereit fühlst, dann geh auch nicht hin. Wenn du glaubst, dass Ayahuasca eine Droge sei, dann geh nicht hin. Bleib lieber zuhause vor der blöden Kiste und rackere dich weiterhin ab, um die Raten fürs Auto abzuzahlen, damit du damit zur Arbeit fahren kannst. Wenn das dein Weg ist, dann ist das deine Wirklichkeit…gut, alles in Ordnung. Und jedes weitere Wort wäre unsinnig.

Eine geschwisterliche Umarmung von unendlicher Dankbarkeit für all diejenigen, die es mir ermöglichten, diese Erfahrung zu erleben. Und auch für alle, die damit experimentieren, ihre persönliche Version dieses Universums zu erschaffen. Hier, in dieser Zeit, in diesem Raum und in diesem Leben, das es wohl wert ist zu leben.

Tullio Moro

 

Ayahuasca International hält Retreats, die die Einnahme von Ayahuasca mit psychotherapeutischer Arbeit verbinden, in Deutschland, Österreich und in der Schweiz.

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